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<title>Stellungnahme zu Freier Software in deutschem OGP-Aktionsplan veröffentlicht</title>
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<h1>Stellungnahme zu Freier Software in deutschem OGP-Aktionsplan veröffentlicht</h1>
<p newsteaser="yes">Heute hat die Zivilgesellschaft Arbeitskreis OGP
Deutschland seine <a href="https://opengovpartnership.de/2017/03/2069/">Stellungnahme zu einem deutschen OGP-Aktionsplan
veröffentlicht</a>. Ziel der Open-Government-Aktionen ist es, Transparenz,
Bürgerfreundlichkeit, Berichte und Effizienz von Regierungen und der
öffentlichen Verwaltung zu verbessern. Die Stellungnahme, die bereits am 20.
März der deutschen Bundesregierung übergeben wurde, besteht aus 30 Themen rund
um Open Government, unter anderem auch zu Freier Software.</p>
<p>Im Dezember 2016 ist Deutschland der Open Government Partnership
beigetreten. Bis Juni 2017 muss ein Aktionsplan für Deutschland erarbeitet
werden und von der Bundesregierung verabschiedet werden.</p>
<p>Um dieses Ziel zu erreichen, lud die Bunderegierung am 17. Februar
Vertreter der Zivilgesellschaft zu einer Tagung ein, bei der Ideen für einen
deutschen Aktionsplan für die kommenden beiden Jahre gesammelt wurden. Nach
dem Workshop entwickelten die Zivilgesellschaftsgruppen die Vorschläge bis zur
heutigen Veröffentlichung weiter. In den kommenden Wochen werden die deutschen
Ministerien die verschiedenen Vorschläge prüfen, intern beraten und einen
nationalen Aktionsplan mit konkreten Zielen entwerfen. Danach gibt es eine
weitere Tagung für die Verwaltung und die Zivilgesellschaft, auf der die Ziele
besprochen werden (siehe <a href="http://www.verwaltung-innovativ.de/DE/Internationales/OGP/zeitlicher_ablauf/zeitlicher_ablauf_node.html">zeitlicher Ablauf für den Aktionsplan der Bundesregierung</a>).</p>
<p>Der OGP-Aktionsplan betrifft nicht nur die Bundesregierung sondern auch die
Verwaltung der Bundesländer und der Kommunen.</p>
<h2>Stellungnahme der Zivilgesellschaft zu Freier Software/Open Source Software</h2>
<p>Die Free Software Foundation Europe erarbeitete gemeinsam mit anderen
Freien-Software-Organisationen und dem Arbeitskreis OGP Deutschland eine
Zusammenfassung des Themas Freie Software im Hinblick auf Open Goverment und
wir entwickelten gemeinsam konkrete Ziele für die Regierung.</p>
<p>Wir hoffen die Veröffentlichung ermöglicht es Aktivisten der
Zivilgesellschaft auf der ganzen Welt mehr über die OGP-Diskussion zu erfahren,
Vorschläge an die Bedingungen anderer Länder anzupassen und weitere Beiträge
zur Debatte in Deutschland einzubringen.</p>
(Das vollständige Dokument mit allen Vorschlägen ist auf der <a
href="https://opengovpartnership.de/files/2017/03/170323_Zivilgesellschaftliche_Empfehlungen_NAP_OGP.pdf">Webseite des Arbeitskreis OGP verfügbar</a>.)
<blockquote>
<h3>Einführung in das Themenfeld</h3>
<p>Open Government bietet die Chance, staatliches Handeln nachhaltiger und
nachvollziehbarer für die Menschen des Landes zu gestalten. Offene Software
erreicht das mit Freier/Offener Lizenzierung [1], die sich international als
Standard bewährt hat. Die "Open Government Toolbox" versammelt heute 1298
IT-Projekte von 523 Organisationen für die Umsetzung von Open Government. Die
Bandbreite dieser beeindruckenden Sammlung zeigt, wie viel Potential in Open
Government Software steckt. Von Datenvisualisierung über Mitbestimmungstools
bis hin zu Werkzeugen für lokale städtische Initiativen sind zahlreiche
Projekte für Verwaltung und Zivilgesellschaft bereits frei zugänglich.</p>
<ul>
<li><strong>Wiederverwertung</strong>: Offene Software kann für verschiedenste
Zwecke eingesetzt und wiederverwertet werden. Einmal in staatlichem Auftrag
entwickelter Software-Code darf von anderen Verwaltungen bei ähnlichen
Problemstellungen genutzt werden. Prominentes Beispiel dafür ist "Fix my
Street": ursprünglich in Großbritannien zur Meldung von Straßenschäden
entwickelt wird es heute in der Schweiz, Irland, Malaysia, Norwegen, Schweden,
Uganda und Uruguay eingesetzt. Alle profitieren von der zunehmenden
Verbreitung, da entwickelte Erweiterungen und Nutzungserfahrungen aus einzelnen
Ländern allen anderen Ländern zugänglich sind. </li>
<li><strong>Unabhängigkeit</strong>: Der Einsatz von Offener Software gibt der
öffentlichen Hand mehr Handlungsfreiheit bei der Auftragsvergabe und der Wahl
von Partnern. Ein strategischer "Lock-In", also eine Abhängigkeit von einzelnen
Zulieferern, wird vermieden, weil ein Wettbewerber den bisher erstellten Code
weiterpflegen kann.</li>
<li><strong>Plattformneutralität</strong>: Mit offenen Standards und offenen
Schnittstellen kann eine Plattformneutralität erzielt werden, um sich aus
Abhängigkeiten einzelner Anbieter zu befreien und jederzeit den Dienstleister
austauschen zu können.</li>
<li><strong>Transparenz</strong>: Während herkömmliche Government Software
unter proprietären Bedingungen oftmals als Blackbox undurchschaubar bleibt, ist
der Quellcode von Open Government Software grundsätzlich immer einsehbar.</li>
<li><strong>Teilhabe</strong>: Der offene Quellcode in Kombination mit einer
Freien Lizenz ermöglicht Synergien von staatlichen Stellen mit
Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Bürgern. Staatlich bereitgestellte Software
kann von verwaltungsexternen Akteuren weiterentwickelt und genutzt werden - und
anders herum. Staatlich initiierte Open Government Software-Projekte sind so
die Initialzünder für gemeinschaftliche Projekte, in denen unterschiedliche
Perspektiven von Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Bürgern zusammen
kommen.</li>
</ul>
<p>Zur Umsetzung des Open Government Fahrplans wird auch neue Software erstellt
werden. Open Government Software sollte stets unter einer geeigneten
Freien/Offenen Lizenz[1] zugänglich sein, um Wiederverwertung und das Teilen
von Lösungen zwischen Behörden, Unternehmen und Bürgern zu ermöglichen.</p>
<h3>Unsere Vision bis 2030:</h3>
<p>Bundes-, Landes- und kommunale Verwaltungen teilen ihre Software-Lösungen
mit anderen Verwaltungen, mit Unternehmen und der Zivilgesellschaft. Bei neuen
Lösungen können die Akteure auf einen Baukasten bereits bestehender Lösungen
zugreifen, diese Lösungen wiederverwerten, verbessern und diese Verbesserungen
wieder mit allen teilen. Alle diese Lösungen garantieren eine Verwendung
unabhängig von der verwendeten Plattform. Keine Bürger, keine Unternehmen oder
keine Verwaltungen sollen technisch diskriminiert werden. Diese deutschen
Software-Lösungen genießen bei staatlichen Organisationen,
zivilgesellschaftlichen Akteuren und Wirtschaftsunternehmen im In- und im
Ausland einen hervorragenden Ruf. Sie werden gerne eingesetzt und weiter in
verteilten Programmierverbünden entwickelt. Daraus ergeben sich ein
Investitionsschutz und eine höhere Nachhaltigkeit von Software für den
öffentlichen Sektor, die auch dann von Dritten weiter entwickelt wird, selbst
wenn einzelne deutsche Verwaltungsbehörden sich später für andere Lösungen
entscheiden.</p>
<h3>Weiterführende Quellen:</h3>
<ul>
<li>[1] Freie/Open Source Lizenzen: Siehe die Liste der <a href="https://www.gnu.org/licenses/license-list.en.html">Free Software Foundation</a> und der <a href="https://opensource.org/licenses/category">Open Source Initiative</a></li>
<li><a href="https://ogptoolbox.org/en/">OGP Toolbox</a></li>
<li><a href="https://joinup.ec.europa.eu/interoperability/search">EU Joinup Lösungen</a></li>
<li><a href="http:///code.gov">USA Portal Code.Gov</a></li>
<li><a href="https://www.gov.uk/service-manual/technology/making-source-code-open-and-reusable">UK: Beispiel einer Umsetzung</a></li>
<li><a href="http://fixmystreet.com/">Fixmystreet UK</a> - <a href="http://fixmystreet.org/">Fixmystreet OGS</a></li>
<li><a href="https://joinup.ec.europa.eu/community/eupl/og_page/european-union-public-licence-eupl-v11">EUPL</a></li>
<li><a href="https://fsfe.org/about/basics/freesoftware.html">Einführung der FSFE in "Software Freiheit"</a></li>
</ul>
<h3>Vorschläge für max. vierzeilige Commitments aus dem Workshop für den NAP-Zweiseiter</h3>
<h4>Ebene 1: Verfahrensvorschläge zur Prozessorganisation</h4>
<ul>
<li>Einrichtung einer Fachgruppe von Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen zu
Wiederverwertung und Teilen von freier Software für Staat und Verwaltung
(Re-use and Share OSS), damit mindestens zweimal im Jahr ein
verwaltungsinterner Austausch stattfinden kann, um das Themenfeld Open Source
Software verwaltungsebenenübergreifend zu verstehen und schrittweise zu
erschließen. Durch diese Fachgruppe sollen auf Seiten der öffentlichen
Verwaltung Mitarbeiter als Gestalter und Thementreiber aufgebaut sowie
Unterstützer in allen Ebenen gefunden, gefördert und eingebunden werden, um
mehr Software der Verwaltung zu teilen und weiterzuverwerten.</li>
<li>Einrichtung eines Arbeitskreises von Verwaltung (Fachgruppe),
Zivilgesellschaft und Unternehmen zu Wiederverwertung und Teilen von freier
Software für Staat und Verwaltung (Re-use and Share OSS), damit mindestens
zweimal im Jahr ein fachlicher Austausch stattfinden kann, um einander
zuzuhören und um Impulse der Zivilgesellschaft zur konzeptionellen
Weiterentwicklung zu bekommen. Eine enge Anbindung dieses Arbeitskreises an
die entsprechende Fachgruppe der Verwaltung sichert einen Wissenstransfer von
neuen Erkenntnissen und aktuellen Entwicklungen aus Zivilgesellschaft und
Wissenschaft in die öffentliche Verwaltung und indirekt in die Politik.</li>
<li>Beauftragung einer Studie zur wissenschaftlichen Grundlagenforschung über
Softwarekooperation der öffentlichen Verwaltung bei Verwendung freier/offener
Software bis Dezember 2018 unter Berücksichtigung von Anwender- und
Entwicklervereinigungen aus der Wirtschaft, damit der nationale und der
internationale Stand von Wissenschaft und Praxis reflektiert, das
Gestaltungspotential mit Hilfe von Workshops (Collaborative Design) skizziert
und so die relevanten Perspektiven für Umsetzungsvorschläge im Rahmen des
zweiten Nationalen Aktionsplans bereits vorliegen.</li>
<li>Durchführung von zwei <a
href="http://plugfest.opendocumentformat.org/">"Plug Fest"</a> Veranstaltungen
als Open Collaborative Workshops bis 2018 in Deutschland, um Fachabteilungen
aus Behörden und Anbieter von Dokumentverarbeitungslösungen in einen
technischen Dialog zu Dokumentaustauschformaten zu bringen. Mit diesem
Multistakeholder-Veranstaltungsformat haben bereits viele Länder Europas gute
Erfahrungen zur Stärkung der Interoperabilität gemacht.</li>
<li>Beauftragung einer Wissenschaftlichen Studie über Offene Standards und
Offene Schnittstellen in der öffentlichen Verwaltung (inkl. offener
Dokumentenformate) bis Juni 2018, damit der nationale und der internationale
Stand von Wissenschaft und Praxis (Deutschland: SAGA 5.1.0, EU, Österreich,
Schweiz, Frankreich, Italien, Niederlande) reflektiert, das
Gestaltungspotential mit Hilfe von Workshops (Collaborative Design) skizziert
und so die relevanten Perspektiven für Umsetzungsvorschläge im Rahmen des
zweiten Nationalen Aktionsplans bereits vorliegen.</li>
<li>Beauftragung einer Evaluationsstudie über die Barrierefreiheit und
Plattformneutralität der öffentlichen Webdienste von Bundesbehörden bis
Januar 2018, damit wir Transparenz darüber erlangen, inwiefern
Behörden-Webseiten auf Bundesebene bestimmte Nutzergruppen technisch
diskriminieren und geräteübergreifend einsetzbar sind. Auf der Basis der
Evaluation werden zeitgleich Best Practices vorgestellt und Grundprinzipien
als Empfehlung für die Gestaltung barrierefreier und herstellerneutraler
Webseiten für Behörden und öffentliche Institutionen präsentiert.</li>
</ul>
<h4>Ebene 2: Konkrete legislative Schritte und Ordnungserfordernisse</h4>
<ul>
<li>Festschreibung des EU ISA2-Prinzips der Plattformneutralität in der
Beschaffung von Web-Dienstleistungen bis 2019, damit Bürgerinnen und Bürger
unabhängig von der von ihnen verwendeten marktüblichen Zugangstechnologie
(Betriebsysteme: MAC OS, Linux, Windows, Android / Browser: Firefox, Chrome,
IE, ... / Hardware: Tablet, Desktop-PC, Smartphone, Thin Internet Client) die
Behördendienste verwenden können.</li>
<li>Vorschlag eines Gesetzes über die Einrichtung eines Nationalen Software
Archivs bis Sommer 2019, in dem geregelt wird, an welcher Stelle deutsche
Behörden und Anbieter, den Quellcode, Dokumentation,
Schnittstellen-Spezifikationen und Datenbankschemata von allen behördlich
eingesetzten Softwarelösungen hinterlegen und langzeitarchivieren sollen.
Dies ermöglicht Sicherheitsüberprüfungen und den Erhalt des Digitalen
Kulturerbe unseres Landes.</li>
</ul>
<h4>Ebene 3: Minimale Maßnahmen ("Pflichtprogramm")</h4>
<ul>
<li>Software, welche im Rahmen der Umsetzung des OGP Aktionsplans entwickelt oder
beauftragt wird, soll grundsätzlich Freie/Offene Software Komponenten
wiederverwerten, unter einer freien/offenen Lizenz auf der
<a href="https://joinup.ec.europa.eu/">EU-Software-Plattform Join-up</a> und der
<a href="https://ogptoolbox.org/de/">"OGP Toolbox"</a>
anderen Regierungen, Unternehmen und der
Zivilgesellschaft verfügbar gemacht werden.</li>
<li>Kapazitätsbildende Maßnahmen zur Teilnahme von Deutschland bei der
Weiterenwicklung des <a href="https://github.com/DISIC/foss-contrib-policy-template">
Free/Open Source Software Contributor Policy Template
beim OGP</a> (Bulgarien,
Frankreich, Großbritannien und die USA haben sich dazu bereits
verpflichtet.).</li>
<li>Evaluation bis Mitte 2018 welche Software, die bei bei der Umsetzung des
Aktionsplan des IT-Planungsrats für das Jahr 2017 enstand, bis 2019 in der
Open Government Toolbox unter einer Freien/Offenen Lizenz verfügbar gemacht
werden kann. (Siehe
<a href="http://www.it-planungsrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/Entscheidungen/21_Sitzung/20_Anlage1_Aktionsplan.html">Aktionsplan</a>)</li>
<li>Bund, Länder und Kommunen sollen Information von Kooperation von Behörden und
anderen Akteuren bei Software-Lösungen zum Teilen und Wiederverwerten an das
EU-Portal Joinup zur Veröffentlichung übermittelt werden, um diese Art der
Zusammenarbeit bekannter zu machen und andere Akteure zur Mitarbeit zu
bewegen.</li>
</ul>
</blockquote>
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