fsfe-website/news/2012/news-20120322-01.de.xhtml

140 lines
7.2 KiB
HTML

<?xml version="1.0" encoding="UTF-8" ?>
<html newsdate="2012-03-22">
<version>1</version>
<head>
<title>Saarland - Nur wenige deutliche Aussagen zu Freier Software</title>
</head>
<body>
<h1>Saarland - Nur wenige deutliche Aussagen zu Freier Software</h1>
<h2>Piraten: Abhängigkeit und restriktive Lizenzen sind "gutes Recht"</h2>
<p> Die Free Software Foundation Europe veröffentlicht heute
ihre <a
href="/activities/elections/askyourcandidates/201203-germany-saarland.html">Freien-Software-Wahlprüfsteine
für die Wahl zum Landtag des Saarlandes</a> am 25. März. Die Parteien konnten
Stellung nehmen zu Fragen über die generelle Förderung von Freier Software, dem
Problem der Herstellerabhängigkeit bei unfreier Software,
Offenen Standards, dem Einsatz von Freier Software in der Bildung, Werbung für
unfreie Software auf Webseiten der öffentlichen Verwaltung sowie zu
Softwarepatenten. </p>
<p>Verglichen mit den vielen positiven Antworten auf unsere Wahlprüfsteine vor
der <a
href="/activities/elections/askyourcandidates/201109-germany-berlin.html">
Landtagswahl in Berlin</a>, sind die Positionen der meisten Parteien im
Saarland eine Enttäuschung. Sie reichen zumeist von seicht bis unverbindlich.
Für Verwunderung sorgt die Position der Saarländer Piratenpartei.
In ihrer Antwort bezeichnet sie die Schaffung von Abhängigkeiten und
restriktiven Lizensierungen als "das gute Recht" proprietärer
Softwareunternehmen. </p>
<h2>Einige Ergebnisse der Befragung</h2>
<p>Die <strong>CDU</strong> Saarland hebt sich positiv von anderen
Landesverbänden der eigenen Partei ab. Zwar sind die meisten Antworten leider
abweisend, doch immerhin bleiben sie - im Gegensatz zu anderen Landesverbände
der CDU - beim Thema und lassen erkennen, dass sie sich mit den Fragen
beschäftigt hat. Die Aufzählung von Unix und AIX in einem Zug mit GNU/Linux
als Antwort auf eine Frage nach offenen Standards zeigt allerdings, dass noch
viel Nachholbedarf besteht. Aber zumindest scheint der CDU Landesverband im Saarland im digitalen Zeitalter angekommen zu sein.</p>
<p>Die Aussagen der <strong>FDP</strong> wirken sind insgesamt unverbindlich
und reichen von verhalten positiv bis vorsichtig negativ. Bestehende Monopole
sind "grundsätzlich nicht im Interesse der FDP" und sie wollen zudem
Marktbeschränkungen für Freie Software beseitigen. Wie dies insbesondere mit
ihrer verhaltenen Position zu Offenen Standards in Einklang zu bringen ist,
bleibt allerdings unklar.</p>
<p>Im Vergleich zu anderen Landesverbänden der <strong>Grünen</strong> ist die
Position der saarländischen Grünen eher durchschnittlich: Zwar sind die
Antworten fast durchgehend positiv zu bewerten - sie sind aber leider auch
unkonkret. Es entsteht der Eindruck, als wüssten die Grünen im Saarland zwar,
dass Freie Software etwas Gutes und Unterstützenswertes ist. Doch tatsächlich
scheinen sie sich nur oberflächlich, mit dem Thema auseinandergesetzt zu
haben.</p>
<p>Die Positionen der <strong>Linken</strong> sind ebenfalls durchgehend
positiv und lassen auch erkennen, dass sie sich mit dem Thema Freie Software
beschäftigt haben. Beispielsweise verweist die Linke explizit auf "die soziale
Komponente" Freier Software. Manche Antworten bleiben dennoch oberflächlich und
im Allgemeinen wird der Kostenaspekt Freier Software an erster Stelle genannt -
ohne auf die anderen wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen
Zusammenhänge weiter einzugehen. Im Vergleich zu ihren anderen Landesverbänden
schneiden die Linken im Saarland daher eher mittelmäßig ab.</p>
<p>Die große Überraschung im Saarland ist die <strong>Piratenpartei</strong>,
deren Antworten bei der FSFE starkes Kopfschütteln ausgelöst haben. Bisher
hatten die Landesverbände der Piratenpartei meist mit einer starken
Befürwortung Freier Software geglänzt. Dieses Ziel wurde sogar <a
href="http://wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm#Freie_Software">im
Grundsatzprogramm der Partei</a> beschlossen: "Wir setzen uns für die
Förderung von Software ein, die von allen uneingeschränkt benutzt, untersucht,
verbreitet und verändert werden kann."</p>
<p>Bei der ersten Frage unserer Wahlprüfsteine möchte auch die Piratenpartei
des Saarlandes noch feststellen, dass die "Piratenpartei DIE politische Kraft
darstellt, die das Konzept „freier Software“ am meisten vorantreiben möchte."
Doch auf die Frage, ob die Piratenpartei etwas gegen die
Dienstleistungsmonopole unfreier Software zu tun gedenkt, antwortet sie:</p>
<blockquote>
"Es ist das <strong>gute Recht</strong>, dass bei unfreier Software der
Hersteller das Monopol <strong>besitzen</strong> darf, das <strong>eigene
Produkt</strong> vor Manipulation zu <strong>schützen</strong>. [...] Es
kann nicht das Ziel sein, unfreie Software komplett abzuschaffen, indem man
politisch darauf Druck ausübt." </blockquote>
<p>Diese Antwort stellt selbst frühere Aussagen von CDU und FDP in den Schatten
und erweckt den Anschein, dass die Saarländer Piraten auch im Widerspruch zu
anderen Punkten ihres <a
href="https://wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm#Freie_demokratisch_kontrollierte_technische_Infrastruktur">eigenen
Grundsatzprogramms</a> Politik machen wollen. "Das klingt gerade so, als ob
die Piratenpartei im Saarland Formulierungen von Verwertungsgesellschaften und
großen IT-Konzernen übernommen hat", so Matthias Kirschner,
Deutschlandkoordinator der FSFE. Dabei sind die "Piraten" seinerzeit mit dem
Ziel angetreten, das Urheberrecht zu reformieren. Die Piratenpartei Saarland
hingegen scheint sich für das "Recht" von Rechtverwertern stark zu machen,
Nutzern restriktive Lizenzen aufzudrücken. Deshalb fragt sich Kirschner weiter:
"Haben sich die Piraten um eine Woche vertan und das ist ein schlechter
Aprilscherz, oder ist die Lobby von Microsoft, SAP und anderen jetzt auch bei
der Piratenpartei angekommen?"</p>
<p>Positiv hebt sich schließlich im Saarland noch die <strong>SPD</strong>
hervor: Wie auch in vielen anderen Bundesländern, sind die Aussagen durchgehend
positiv; doch mehr als die anderen Parteikollegen noch, zeigt die saarländische
SPD, dass sie sich mit dem Thema beschäftigt hat und kann darauf ihre
Positionen aufbauen. Leider verbleiben die Zusagen jedoch unspezifisch und
damit unverbindlich.</p>
<h2>Verweise</h2>
<ul>
<li><a href="/activities/elections/askyourcandidates/201203-germany-saarland.html">Die FSFE Wahlprüfsteine der Wahl zum Landtag des Saarlandes</a></li>
<li>Wahlprüfsteine vergangener Wahlen:
<ul>
<li><a href="/activities/elections/askyourcandidates/201109-germany-berlin.html">Berlin</a></li>
<li><a href="/activities/elections/askyourcandidates/201105-germany-bremen.html">Bremen</a></li>
<li><a href="/activities/elections/askyourcandidates/201103-germany-rheinland-pfalz.html">Rheinland Pfalz</a></li>
<li><a href="/activities/elections/askyourcandidates/201103-germany-baden-wuerttemberg.html">Baden Württemberg</a></li>
<li><a href="/activities/elections/askyourcandidates/201103-germany-sachsen-anhalt.html">Sachsen Anhalt</a></li>
</ul>
</li>
</ul>
</body>
<tags>
<tag key="de"/>
<tag key="ayc"/>
</tags>
</html>
<!--
Local Variables: ***
mode: xml ***
End: ***
-->