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9.7 KiB
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<title>FSF Europe - WIPO-Beobachtung - Referenzblatt zu den Grundlagen
Freier Software</title>
</head>
<body>
<p align="center">[ <a href="FSER.pdf">PDF-Version (53k)</a> ]</p>
<h1 align="center">Referenzblatt zu den Grundlagen Freier Software</h1>
<p>
Freie Software ist ein Kernthema von zunehmender Wichtigkeit in allen
politischen Foren geworden, national wie international. Dieses Papier
zielt darauf ab, einen Hinweis zu wesentlichen Informationen zu Freier
Software anzubieten, damit Abgeordnete ihren Fokus auf die Substanz
richten können.
</p>
<h2>Frei für die Freiheit, nicht für den Preis</h2>
<p>
Das „Frei“ in Freier Software bezieht sich ausdrücklich auf die Freiheit
und niemals um den Preis. Diese Tatsache muss betont werden, weil sie
manchmal durch eine Schwäche in der englischen (und der deutschen)
Sprache undeutlich gemacht wird, die nicht von anderen Sprachen geteilt
wird. Freie Software definiert sich seit den 1980ern über die vier
fundamentalen Freiheiten, die sie prägen:
</p>
<ul>
<li>
<b>Die Freiheit, das Programm für jeden Zweck zu nutzen</b>
<br/>
<em>
Einschränkungen bezüglich der Verwendbarkeit von Software, bezogen
auf Zeit („30 Tage Testphase“, „Lizenz endet am 1. Januar 2007“),
Zweck, („Lizenz wird nur zu Forschungszwecken und zur
nicht-kommerziellen Anwendung erteilt“) oder geographischer Gegend
(„nicht zu verwenden in Land X“), machen ein Programm unfrei.
</em>
</li>
<li>
<b>
Die Freiheit, das Programm zu studieren, um zu verstehen, wie es
funktioniert, und es auf seine eigenen Bedürfnisse zuzuschneiden
</b>
<br/>
<em>
Das Auferlegen von rechtlichen und praktischen Beschränkungen
bezüglich des Verständnisses oder der Modifikation des Programms, wie
z.B. der verpflichtende Kauf von speziellen Lizenzen, das
Unterzeichen eines Stillschweigeabkommens, oder das Zurückhalten der
von Menschen bevorzugten Art des Verstehens und Veränderns eines
Programms (sein Quellcode), machen es proprietär.
</em>
</li>
<li>
<b>Die Freiheit, Kopien zu erstellen und diese weitergeben zu dürfen</b>
<br/>
<em>
Wenn man dem Benutzer nicht erlaubt, Kopien zu erstellen und diese
an jemand anderen zu geben, macht das ein Programm unfrei. Die
Weitergabe kann für eine Gebühr geschehen, wenn man es so will.
</em>
</li>
<li>
<b>
Die Freiheit das Programm zu verbessern und diese Verbesserungen zu
veröffentlichen
</b>
<br/>
<em>
Nicht jeder ist ein Programmierer, und nicht jeder Programmierer ist
in allen Bereichen gleich gut. Diese Freiheit ermöglicht es den
Leuten, die die erforderlichen Fähigkeiten besitzen, diese mit jenen
zu teilen, die über solche nicht verfügen. Auch dies kann wieder
gegen eine Gebühr erfolgen.
</em>
</li>
</ul>
<h3>Rechte, nicht Pflichten</h3>
<p>
Diese Freiheiten stellen Rechte dar, keine Pflichten. Jedwege Institution
oder Person kann es sich aussuchen, nicht von ihnen Gebrauch zu machen,
aber sie können es sich auch aussuchen, alle zu benutzen. Insbesondere
soll verstanden werden, dass Freie Software eine kommerzielle Nutzung
nicht ausschließt. Wenn ein Programm sich nicht eignet, kommerziell
genutzt oder kommerziell vertrieben zu werden, so handelt es sich dabei
nicht um Freie Software. Gewiss ist es so, dass eine zunehmende Anzahl
von Firmen ihr Geschäftsmodell komplett oder teilweise auf Freier
Software aufbauen, eingeschlossen einige der größten proprietäre
Softwarehersteller. Freie Software erlaubt es, Hilfe und Unterstützung zu
gewähren, sie macht es jedoch nicht verpflichtend.
</p>
<h3>Umsetzung im Urheberrecht</h3>
<p>
Normalerweise sind diese Freiheiten über das Urheberrecht umgesetzt,
jedoch nicht in allen Fällen: „Public-Domain“-Software ist auch Freie
Software, stellt jedoch ein Sonderfall dar. In den meisten Fällen von
Freier Software ist die Lizenz entscheidend dafür, ob ein bestimmtes
Programm auch wirklich Freie Software ist. Wenn eine Lizenz
die oben aufgeführten Freiheiten enthält, so handelt es sich um eine
Freie-Software-Lizenz, von denen heute zwischen 50 und 150 in Gebrauch
sind.
</p>
<p>
Diese erstaunlich kleine Zahl kommt durch die Tradition zustande, sich
eher für eine bekannte und gut verstandene Lizenzen zu entscheiden, als
eine neue Lizenz für jedes neue Programm zu schreiben. Daher ist es
möglich, durch das Prüfen einer Handvoll einfacher Lizenzen die
Lizenzbedingungen von mehr als 90% der Freien Software zu verstehen,
wodurch der Aufwand für Verwaltung und ordnungsgemäße Umsetzung
verringert wird.
</p>
<h2>Terminologie</h2>
<p>
Freie Software wird unter vielen Gesichtspunkten diskutiert, mit
vorgeblichen Antonymen und Synonymen, was wiederum oft zu Verwirrung
und Zweifel führt und deswegen kurz erklärt werden soll.
</p>
<h3>Antonyme</h3>
<p>
Das Gegenteil von Freier Software ist propriätäre Software oder
unfreie Software. Kommerzielle Software ist kein Gegenteil von Freier
Software, komerziell bezieht sich nicht auf Freiheit. Kommerzielle
Freie Software ist genauso normal wie nichtkomerzielle proprietäre
Software, manchmal auch „Freeware“ genannt.
</p>
<h3>Synonyme</h3>
<p>
Seit 1992 wird der Begriff „Libre Software“ mit dem Begriff Freie
Software in einigen Teilen Europas gleichgesetzt, um so der Verwirrung
bezüglich der englischen Sprache zu begegnen. Der Ausdruck „Open Source“
wurde 1998 von der OSI (Open Software Initiative) als Vermarktungsbegriff
vorgschlagen. Der Open-Source-Definition der OSI umfasst die selben
Lizenzen wie die oben erklärte Definition von Freier Software von 1989.
</p>
<p>
Aus Sicht der Lizenzierung sind beide, „Libre Software“ als
auch „Open Source“, Synonyme für Freie Software. Kombinationen der
beiden Begriffe wie „FOSS“ oder „FLOSS“ umfassen ebenfalls die selbe
Menge an Software.
</p>
<h3>Zweideutigkeiten</h3>
<p>
Der Begriff „Open Source“ wird gelegentlich auf verscheidene Arten
genutzt und hat heute verschiedenen Bedeutungen, die sich oft gegenseitig
ausschließen, insbesondere die Definition der OSI. Demnach kann
„Open Source“ sich auf Freie Software beziehen, aber auch auf
Software, die die oben gennanten Kriterien nicht erfüllt. Ab
und zu wird er verwendet, um ein bestimtes Softwareentwicklungsmodell zu
beschreiben, dennoch werden einige Teile von Freier Software in
geschlossenen Entwicklungsmodellen entwickelt und proprietäre Software
experementiert zunehmend mit offenen Entwicklugnsansätzen. Dies macht
den Begriff „Open Source“ reichlich zweideutig und sehr problematisch
für Felder, bei denen Genauigkeit in der Sprache verlangt wird, wie
Wissenschaft, Recht und Politik.
</p>
<h2>Überlegungen zu Regelungen für den öffentlichen Bereich</h2>
<p>
Im Gegensatz zu proprietärer Software hat nie eine einzige Firma oder
ein einziger Konzern die Kontrolle über eine Freie-Software-Lösung. Indem
Regierungen sich für Freie Software entscheiden, schützen diese ihre
Unabhängigkeit vor den Firmen- oder Konzerninteressen eines einzelnen
Anbieters, lokal oder ausländisch. Das Aufrechterhalten der Möglichkeit,
ihr politisches Mandat zu erfüllen, ist das souveräne Recht jeder
Regierung. Die Bevorzugung von Freier Software oder die Verplichtung zu
dieser fördert dieses Ziel und ist nie diskrimierend. Es erhält
technologische und politische Unabhängigkeit, da Freie Software keinem
einzelnem Anbieter und keiner einzelnen Orgranisation gehört und jedem
Anbieter freigestellt ist, Software von Dritten anzubieten. Sollten
Verkäufer in Verhandlungen mit der Regierung treten, so können sich diese
auch dafür entscheiden, ihnen Unabhängigkeit zu geben, indem sie ihre
eigene Software unter einer freien Lizenz herausbringen.
</p>
<h3>Über die FSFE</h3>
<p>
Die <a href="http://fsfeurope.org">Free Software Foundation Europe</a>
(FSFE) ist eine regierungsunabhängige Organisation (NGO), die sich allen
Aspekten der Freien Software widmet. Sie stellt ein Kompetenzzentrum
für Industrie, Politik und die gesamte Gesellschaft dar und beteiligt
sich an zahlreichen Aktivitäten, tritt als Treuhänder für Autoren von
Freier Software auf und nimmt an Forschung und Entwicklung im
europäischen Raum und auf Länderebene teil. Weitere Informationen finden
Sie unter <a href="http://fsfeurope.org">http://fsfeurope.org</a>.
Um mit dem Autor dieses Dokuments in Kontakt zu kommen, schreiben Sie
bitte an <a href="/about/greve/">Georg C.F. Greve</a>
(<a href="mailto:greve@fsfe.org">greve@fsfe.org</a>).
Kommentare und Fragen sind jederzeit willkommen.
</p>
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<translator>Vivien Gerlach und Sean Farrell</translator>
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