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FSFE - Offener Brief an die Fraunhofer Gesellschaft (FhG) - 6. Juli 2004
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<center><h1>Softwarepatente in Europa</h1>
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</center>
<br />
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[<a href="/campaigns/swpat/letter-20050606.html">2005-06-06</a>]
</center>
<h1>Offener Brief an die Fraunhofer Gesellschaft (FhG)</h1>
<h3>6. Juli 2004</h3>
<div class="letter">
<p>
Lieber Herr Professor Bullinger,
</p>
<p>
"Die Forschung soll sich ihr Geld auch am Markt verdienen können!"
- das lehrt uns die Politik - und so haben wir - die Free Software
Foundation Europe - Verständnis dafür, wenn sich die Forschung in
kreativer Weise um die Verbesserung Ihrer Einnahmen bemüht. Jedoch
sollte auch die Forschung darauf achten, nicht an dem Ast zu sägen,
auf dem sie sitzt. Die Gefahr dazu ist mit den derzeit in der Diskussion
befindlichen Softwarepatenten unmittelbar gegeben:
</p>
<p>
Die Fraunhofer Gesellschaft ist für ihr Patent auf den Audio-
Kompressionsstandard MP3 bekannt. Eine Alternative zu MP3 hat das
Projekt Ogg Vorbis entwickelt. Diesem billigen Experten eine höhere
technische Qualität zu. Obwohl bei der Entwicklung bewußt darauf
geachtet wurde, das MP3 Patent nicht zu verletzen, müsste Ogg Vorbis
wohl mit erheblichen Lizenzforderungen des <a href="http://www.iis.fraunhofer.de/">Fraunhofer
IIS</a> rechnen,
sollten Softwarepatente tatsächlich in Europa legalisiert werden.
</p>
<p>
Auf diese Weise könnte die FhG einen unliebsamen Wettbewerber aus dem
Markt drücken oder sich zumindest erhebliche Mehreinnahmen verschaffen.
Auf das damit verbundene ethische Problem wollen wir hier erst gar nicht
eingehen.
</p>
<p>
Auch volkswirtschaftlich ist es sicher nicht sinnvoll, dass die gute
Idee die
noch bessere blockieren kann: Dies ist eine Erkenntnis von Dr. Daniel
Probst vom Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftstheorie der
Universität Mannheim. Herr Probst stellte in einer <a href="http://swpat.ffii.org/events/2001/bundestag/probst/index.de.html">Anhörung des Deutschen
Bundestages zu Softwarepatenten im Juni 2001</a> fest:
</p>
<p>
"Der Anteil der KMUs würde abnehmen und ein Konzentrationsprozess
würde eintreten. Einige wenige Großunternehmen würden aufgrund von
Netzwerkeffekten marktdominierende Stellungen erlangen. Insoweit als
dieses Verhalten mit dem Wettbewerbsrecht vereinbar ist, würden sie
untereinander Kreuzlizenzierungsabkommen über ihre Patentportfolios
abschließen, und vermittels Sperrpatenten den Markteintritt neuer Firmen
stark beschränken. Die Forschungsintensität der Branche würde stagnieren
oder fallen." Ausserdem sei mit einem drastisch schrumpfenden Angebot an
Freier Software zu rechnen.
</p>
<p>
Ich persönlich bedauere jeden einzelnen der hier genannten Stichpunkte. Es
gibt noch wesentlich mehr Mängel - auf ein paar davon haben wir Herrn
Professor Köhler im Rahmen unserer <a href="http://mail.fsfeurope.org/pipermail/press-release-de/2004q2/000030.html">Serie Offener Briefe zu Softwarepatenten
im Juni</a> aufmerksam gemacht.
Von Amts wegen muss Sie aber der hier
genannte erste Punkt erschrecken: "Der Anteil der KMUs würde abnehmen".
Die Fraunhofer Gesellschaft wickelt nach <a href="http://www.bmbf.de/pub/inno-masterplan.pdf">Angaben der
Bundesregierung</a>
60 Prozent ihrer Auftragsforschung mit KMUs ab. Außerdem ist nicht
auszuschließen, dass die Großindustrie ihre Forschung künftig vermehrt
in den
Osten der Europäischen Union verlagert. Schließlich stehen in Polen und
anderen Beitrittsländern hervorragend ausgebildete Softwareentwickler für
einen Bruchteil der Kosten zur Verfügung.
</p>
<p>
So könnten der größten Europäischen Forschungsgesellschaft im Bereich
"Informations- und Kommunikationstechnik" nicht nur die Projektpartner
wegsterben, ja es könnte sogar passieren, dass selbst die Unternehmen
das Zeitliche segnen, von denen die FhG doch eigentlich leben wollte.
Die Späne fallen schon lange. Mittlerweile aber droht der Ast zu brechen.
</p>
<p>
Mit freundlichen Grüssen</p>
<div align="left">
<a href="/about/greve/">Georg Greve</a><br />
Free Software Foundation Europe<br />
<a href="/">fsfe.org</a>
</div>
</div>
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