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<title>Internet Governance Forum (IGF) - Souveräne Software, von
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Georg Greve</title>
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<body>
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<h1>Souveräne Software</h1>
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<h2>Offene Standards, Freie Software und das Internet</h2><br/>
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</center>
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<div align="right">
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<a href="/about/people/greve/greve.html">Georg C.F. Greve</a><br/>
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Free Software Foundation Europe (FSFE), Präsident<br/>
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verfasst für <a href="http://www.intgovforum.org/contributions_for_1st_IGF.htm"
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target="_blank">substantielle Beiträge zum ersten IGF</a>
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<center>
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[<a href="SovereignSoftware.pdf">PDF Version, 91k (Englisch)</a>]
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</center>
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<h2>Einleitung</h2>
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<p>Softwarethemen sind eine Frage der Macht und formen auf grundlegende Weise
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die Gesellschaft, in der wir leben. Auch denjenigen, die bis jetzt politische
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Themen hinsichtlich der digitalen Welt nicht verfolgt haben, wurde dies mehr
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und mehr durch den <a href="/activities/wsis/">Weltgipfel der
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Informationsgesellschaft (WSIS)</a> ins Bewusstsein gebracht. Zwei grundlegende
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Fragen charakterisieren dieses Themengebiet: Wer kontrolliert Ihre Daten? Wer
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kontrolliert Ihren Computer?</p>
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<p>Die erste Frage dreht sich im Allgemeinen um Offene Standards und im
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Besonderen darum, wie diese definiert und aufrecht erhalten werden
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sollten. Alle Beteiligten sprechen sich für Offene Standards aus, aber einige
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wollen den Ausdruck so verstanden wissen, dass sie immer noch Ihre Daten
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kontrollieren und die Konkurrenz willkürlich ausschließen können.</p>
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<p>Die zweite Frage war eine der grundlegenden Kontroversen während der WSIS,
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sie polarisierte in hohem Maße auf der WGIG und wird auch während des Internet
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Governance Forums (IGF) weiterhin kontrovers diskutiert. Hier geht es um das
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Thema Software-Modelle, proprietäre Software im Vergleich zu Freier
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Software. Im Umfeld der WSIS polarisierte diese Frage merkwürdigerweise
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zwischen gewinnbringend und nicht-gewinnorientiert.</p>
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<p>Dies könnte an daran liegen, dass hauptsächlich der weltweit größte Anbieter
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proprietärer Software die WSIS genau verfolgte während die großen
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internationalen Anbieter Freier Software nicht an ihm teilnahmen und aus diesem
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Grund auch nicht in der CCBI vertreten waren. [<a name="ref1"
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href="#1">1</a>]</p>
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<h2>Offene Standards</h2>
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<p>Obwohl sie schon seit vielen Jahren als alltägliche Notwendigkeit in der
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IT-Industrie gepredigt werden, rückten Offene Standards erst vor kurzem ins
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Rampenlicht öffentlicher Richtlinien. Einer der Orte, an dem dies geschah,
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war während des WSIS und sie werden auf dem Internet Governance Forum (IGF)
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eine große Rolle spielen. Aber warum sind Offene Standards so wichtig?</p>
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<h3>Hintergrund zu den Formaten</h3>
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<p>Jeder Computer speichert und übermittelt Informationen in kodierter
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Form. Diese war für gewöhnlich sehr einfach Repräsentationen, bei denen etwa
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bestimmte numerische Werte für einen bestimmten Buchstaben standen. Auch
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nachdem die Komplexität dieser Repräsentation mit Zunahme der Möglichkeiten von
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Computern und deren höherer Komplexität ständig stieg, so gelten gewisse
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Grundregeln bis heute.</p>
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<p>Die erste wichtige Regel lautet, dass jegliche Wahl der Codierung eine
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willkürliche und keine naturgegebene Wahl ist. Die Zahl 33 könnte abhängig von
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den Vereinbarungen eines Standards den Buchstaben "a"oder "z" darstellen. Es
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gibt keine richtige Art, dies zu machen, es gibt nur verschiedene
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Möglichkeiten.</p>
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<p>Die zweite wichtige Regel besagt, dass wenn Daten einmal in einem bestimmten
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Format kodiert werden, können sie nur von Software ausgelesen werden, die
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dieses Format exakt implementiert haben. Sogar geringste Abweichungen von den
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Konventionen des Formats können leicht zu massiver Datenkorrumption
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führen. Eine verbreitete und zum größten Teil harmlose Form davon stellt der
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Verlust der Formatierung oder eine falsche Darstellung derselben in
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Textverarbeitungssoftware dar. Im schlimmsten Fall wären die Daten nicht
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wiederherstellbar.</p>
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<h3>Formate und Marktverlust</h3>
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<p>Bezogen auf den Markt führt eine solche Situation im Allgemeinen zum
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Marktverlust; Kunden, die ihre Daten in einem bestimmten Format speicherten
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sehen sich schnell in die Lage versetzt, keinen anderen Anbieter wählen zu
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können, wenn dieser nicht dazu fähig ist, dasselbe Format zu implementieren
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oder es nicht gut genug implementieren kann. Wenn die einzige Art der Migration
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darin besteht, jahrelang gesammelte Daten zu verlieren, stellt dies eine
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effektives Anbieterabhängikeit dar, die es praktisch unmöglich macht, Software
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anhand ihrer Vorzüge zu wählen.</p>
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<p>Des Weiteren beherrschen starke Netzwerkeffekte die Computerwelt von heute.
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Wenn eine Firma in der Vergangenheit viel in ihre Desktop-Infrastruktur
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investiert hat, und diese Infrastruktur bestimmte Kommunikationsprotokolle
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benutzt, sieht sie sich vor zwei Alternativen gestellt: Nur solche Software zu
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verwenden, die diese Protokolle perfekt implementieren kann oder die gesamte
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Investition abzuschreiben und die gesamte Infrastruktur zu ersetzen, was
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offensichtlich eine große zusätzliche Investition darstellt.</p>
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<p>Ein Drittanbieter, der in diesen Markt eintreten will, sieht sich vor einer
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ähnlichen Situation wie jemand, der sich in einem Raum befindet, in dem die
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Menschen eine fremde Sprache sprechen und dem weder ein Wörterbuch noch
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syntaktische Hilfe zur Verfügung steht. Menschliche Sprachen sind genau wie
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Computerformate und -protokolle Ansammlungen willkürlicher Entscheidungen. Es
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gibt keinen immanenten Grund, einen Tisch als Tisch oder einen Stuhl als Stuhl
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zu bezeichnen. Für jemanden ohne Wörterbuch oder zumindest jemandem, der dazu
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gewillt ist, die Sprache zu erklären wird es sehr schwer zu kommunizieren.</p>
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<p>In der Informationstechnologie sind einige Menschen dazu im Stande,
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Information über solche Protokolle allein dadurch vorherzusagen, dass sie
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andere dabei beobachten, wie sie diese Sprache verwenden. Dies wird als
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Protokollanalyse bezeichnet und hat in gewissem Maße dazu beigetragen, negative
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Effekte der oben erwähnten Systematik abzuschwächen. [<a name="ref2"
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href="#2">2</a>] Ferner ist sie auch der Grund dafür, dass einige
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marktbeherrschende Anbieter dazu übergehen, Kryptografie in ihre Protokolle
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einfügen um weitere Protokollanalysen in Zukunft zu verhindern.</p>
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<h3>Implikationen für eine politische Umsetzung</h3>
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<p>Dies alles ist augenscheinlich aus verschiedenen Gründen
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ein wichtiges Ziel für eine politische Umsetzung und wurde
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in verschiedenen Foren diskutiert, wie etwa dem Dänischen
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Parlament für seinen Antrag <b>B 103</b>[<a name="3" href="ref3">3</a>]
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in dem die folgenden Gründe erläutert werden.</p>
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<h4>Eine gesunde Auftragsvergabe</h4>
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<p>Es ist offensichtlich nicht nachhaltig, Investitionen zu tätigen,
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die den oben genannten Effekten unterliegen. Es gibt nahezu keinen Markt
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und ein einzelner Anbieter ist in der Lage, die gesamten Inverstitionsmaßnahmen
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zunichte zu machen. Da dies nicht den Prinzipien einer effektiven
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und nachhaltigen Versorgung im öffentlichen Sektor entspricht,
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müssen solche Situationen vermieden werden.</p>
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<h4>Die Demokratie vor Netzwerkeffekten schützen</h4>
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<p>Dieselben Netzwerkeffekte, die oben beschrieben wurden, treten ein,
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wenn die Software mit den Bürgern kommunizieren muss. Nur Bürger, die den
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einen Anbieter gewählt haben, der dieses proprietäre Protokoll implementiert,
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wären dann dazu in der Lage, mit ihrer Verwaltung zu kommunizieren. Das würde
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den Grundsatz verletzen, dass die Bürger ungehindert mit ihren Regierungen
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kommunizieren können. Die Verwendung proprietären Formaten würde sie
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stattdessen in oben ausgeführten Teufelskreis aus Investitionen und
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steigenden Anschaffungskosten zwingen.</p>
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<h4>Eine offenen Wettbewerb sichern</h4>
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<p>Eine solche Situation steht offensichtlich im Gegensatz zu den Prinzipien
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eines freien Wettbewerbs und offener Märkte und würde zu Problemen der
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Marktkonzentration und erlahmender Innovation führen. Da dies den Zielen einer
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jeden Regierung entgegen steht, sollte staatliche Beschaffung offene und
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wettbewerbsfähig Märkte unterstützen.</p>
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<h4>Vereinigungseffekte, Zugänglichkeit sicherstellen</h4>
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<p>Im Zuge einer effizienteren Verwaltung beginnen viele Gemeinden und
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verschiedene Teile der Verwaltung damit, ihre Ressourcen zusammenzulegen. Wird
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dies mit proprietären Formaten versucht, bedeutet das im Normalfall, dass
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signifikante Investitionen von einer oder mehreren Verwaltungen verloren wären,
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wenn nicht schon alle Teile dieselbe Software verwenden.</p>
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<p>Dies alles wird auch den Rechten von Menschen mit Benachteiligungen Rechnung
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tragen müssen, die spezielle Anforderungen an Software haben könnten, die das
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proprietäre Format nicht erfüllen kann. In dieser Situation wird es keine
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Möglichkeit für Menschen mit einer Benachteiligung geben, mit ihren staatlichen
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Dienststellen in Kontakt zu treten.</p>
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<h4>kommerziell-politische Perspektiven</h4>
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<p>Letztlich gibt es große politische Probleme mit einer Datenaufbewahrung in
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proprietären Formaten. Was ist, wenn diese Daten aufgrund von Problemen mit
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diesem gewissen Anbieter in der Zukunft nicht mehr zugänglich sind? Kann sich
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eine Regierung wirklich blind und ohne Alternativen dem guten Willen einer
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einzelnen kommerziellen Unternehmen ausliefern?</p>
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<h4>kommerzielle Langzeitaspekte</h4>
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<p>Mit all dem oben gesagten wird eine größere Wahlmöglichkeit und die Freiheit
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in einem offenen Markt zu wählen zusätzliche kommerzielle Langzeitvorteile
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bringen.</p>
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<h3><a name="os"/>Was ist ein Offener Standard?</h3>
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<p>Es gibt verschiedene Definitionen dafür, was als Offener Standard angesehen
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werden sollte und was nicht. Der zuvor genannte Antrag beschreibt ihn als:</p>
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<ul>
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<li>gut dokumentiert und mit seiner volle Spezifikation öffentlich
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zugänglich</li>
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<li>frei implementierbar ohne ökonomische, politische oder rechtliche
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Einschränkungen auf Implementierung und Gebrauch und</li>
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<li>standardisiert und unterhalten in einem offenen Forum (einer sogenannten
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Organisation für Standards) durch einen offenen Prozess.</li>
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</ul>
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<p>Das ist relativ ähnlich zu der Definition eines Offenen Standards von der
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Europäischen Kommission in ihrer Europäischen Richtlinie zur
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Interoperabilität.[<a name="ref4" href="4">4</a>]</p>
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<p>Beide Definitionen wurden von Anbietern, die geschäftlich von dem oben
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erklärten Abhängigkeitskreislauf profitieren, kritisiert, genau wie von
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Organisationen, die die Interessen dieser Anbieter vertreten. Für gewöhnlich
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orientiert sich die Argumentation dieser Kritik an den Patentrichtlinien, die
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solch einem Format oder Protokoll zugesprochen wurden und für die ein
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Patentinhaber Lizenzgebühren erheben kann. Der gängige Euphemismus dafür ist
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"angemessene und nicht-diskriminierende Lizenzierung" (RAND).</p>
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<p>Diese Bezeichnung ist nichts weiter als ein Euphemismus, da Patente ihrer
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Natur nach eingeschränkte Monopolstellungen sind, die nach dem Gesetz einem
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einzelnen Unternehmen zugesprochen werden. Dieses Unternehmen wird bei jedem
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Konflikt am längeren Hebel sitzen. Es gibt in der Tat zahlreiche Beispiele für
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Formate und Protokolle, die theoretisch bekannt sind, aber aus Patentgründen
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proprietär bleiben.</p>
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<p>Es mag tatsächlich nicht-diskriminierend erscheinen, wenn alle anderen
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Anbieter, die dieses Patent nicht innehaben, in die gleiche schlechte Lage
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versetzt werden, aber das ändert nicht grundlegend die Machtverteilung in
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dieser Situation.</p>
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<p><b>Alle Formate und Protokolle sind ihrer Natur nach willkürlich, müssen
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aber genau nachvollzogen werden, um in ihnen gespeicherte Daten
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wiederherstellen zu können.</b></p>
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<h3>Offene Standards in der Praxis</h3>
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<p>In der Theorie würden die Definitionen der Europäischen Union oder dem
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Dänischen Parlament ausreichen, um einen Offenen Standard zu definieren. In der
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Praxis stellen sich die Dinge für gewöhnlich als komplizierter heraus, denn die
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oben beschriebenen Situation durch proprietäre Formate ist überaus profitabel
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für den Anbieter, der die Software kontrolliert.</p>
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<p>Alles in Allem hat ein proprietärer Anbieter mit einer gewissen
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Marktdurchdringung einen wirtschaftlichen Ansporn dazu, den Offenen Standard zu
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verletzen und ihn in einen tatsächlich proprietären zu verändern. Genau dies
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hat sich immer wieder in der Vergangenheit abgespielt. Die kartellrechtliche
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Untersuchung der Europäischen Kommission gegen Microsoft gibt ein Beispiel
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dafür, wie eine Abweichung von einem Offenen Standard (CIFS, dem "Allgemeinen
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Internet Dateisystem") es Microsoft ermöglichte, seine Monopolstellung im
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Desktop-Markt effektiv zu nutzen, um eine fast vollständige Dominanz im
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Arbeitsgruppen-Server-Markt zu erlangen. Das hat sich als so profitabel
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erwiesen, dass Microsoft scheinbar mehr dazu geneigt ist, Strafgebühren in
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Millionenhöhe zu zahlen, als seine Geschäftspraxis zu ändern.[<a name="ref5"
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href="#5">5</a>]</p>
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<p>Dies wird auch oft dadurch erreicht indem man die Implementierung auf
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gewisse Weise leicht verändert, so dass diese kaum nachvollzogen oder im Rahmen
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menschlicher Interpretation diskutiert werden kann. Dadurch wird
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sichergestellt, dass Implementierungen anderer Anbieter nicht mehr fehlerfrei
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integriert werden können. Der ökonomische Anreiz dafür ist für proprietäre
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Anbieter, die eine gewisse Größe überschreiten, sehr hoch.</p>
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<h3>Wie man einen Offenen Standard aufrecht erhält</h3>
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<p>Der einzige Weg, dies zu verhindern, besteht darin, ein weiteres Kriterium
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zu den oben genannten Definitionen hinzuzufügen: "Der Standard muss mindestens
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eine Implementierung in Freier Software haben und alle Implementierungen, die
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mit dem Offenen Standard kompatibel sein wollen, müssen regelmäßig mit der/den
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Freien Software Implementierung(en) getestet werden, die als gemeinsame
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Referenzbasis fungieren."</p>
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<p>Da Freie Software[<a name="ref6" href="#6">6</a>] unter anderem durch die
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Freiheit definiert wird, seine Implementierung zu studieren, ermöglicht dies
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allen Marktbeteiligten, die gemeinsame Referenzbasis nicht nur in der
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spezifischen Sprache, sondern auch durch Dokumentationen zu
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studieren. Regelmäßige Tests an dieser Basis können helfen, Abweichungen vom
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Offenen Standard einzuschränken.</p>
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<p>Freie Software gewahrt auch die Freiheiten des Gebrauchs, der Modifizierung
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und der Distribution. Deswegen können die meisten Anbieter diese
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Implementierung auch einfach in ihre eigene Software einbinden und so
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Kompatibilitätshürden weiter verringern.</p>
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<p>In der Theorie besteht also keine Verbindung zwischen Offenen Standards und
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Freier Software, in der Praxis hingegen wird Freie Software eine notwendige
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Komponente, um einen Offenen Standard aufrecht erhalten zu können gegenüber
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wirtschaftlichen Anreizen, von einem Offenen Standard abzuweichen oder ihn in
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proprietäre Software umzuwandeln.</p>
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<h3>Offene Standards und das WSIS/IGF</h3>
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<p>Ein gutes Beispiel dafür ist das Internet. Bevor das Internet zu dem wurde,
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was es heute ist, gab es verschiedene Versuche, etwas ähnliches zu
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etablieren. Warum hatte das Internet Erfolg? Weil die Implementierungen der
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grundlegenden Internet-Protokolle wie TCP/IP Freie Software waren und deswegen
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für jeden in gleicher Weise verfügbar waren.</p>
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<p>Diese Geschichte wiederholt sich beim World Wide Web als Tim Berners-Lee auf
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alle Patente auf die Protokolle und Formate verzichtete und sie in Freier
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Software implementiert wurden. Mehr als 60% aller Webseiten weltweit laufen
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auf Apache, einem von mehreren Freien Software Webserver.</p>
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<p>Leider wäre die Definition eines Offenen Standard, wie sie auf dem WSIS
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angenommen und nachträglich im IGF übernommen wurde, nicht ausreichend um etwas
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wie das Internet zu erschaffen. Formate und Protokolle nach dieser Definition
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würden an all den Effekten leiden, die weiter oben aufgeführt wurden.
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</p>
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<p>Deshalb ist es wichtig, dass das Internet Governance Forum (IGF) nun über
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diese unzureichende Definition hinausgeht und einen echten internationalen
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Konsens schafft, der das Internat vor der "schleichenden Vereinnahmung" in all
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seinen Protokollen und Formaten bewahren soll. Offene Standards sind ein
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lebensnotwendiger Grundpfeile des Internet -- sie müssen aufrecht
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erhalten werden, damit das Internet nicht einer babylonischen Sprachverwirrung
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zum Opfer fällt.</p>
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<h2>Freie Software</h2>
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<p>Die praktische Beziehung zwischen Freier Software und Offenen Standards
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wurde schon erläutert, aber es gibt weitere grundlegende Themen Freier
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Software, die in einer direkten Beziehung zu Offenen Standards stehen. Diese
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Themen drehen sich um Softwaremodelle und letztlich um Kontrolle über den
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eigenen Computer.</p>
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<p>Freie Software ist Software, die jedem Nutzer und Entwickler die folgenden
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vier Freiheiten gewährt:</p>
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<ul>
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<li>Die Freiheit, das Programm zu jeglichem Zweck auszuführen.</li>
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<li>Die Freiheit, die Funktionsweise eines Programms zu untersuchen, und es an
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seine Bedürfnisse anzupassen.</li>
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<li>Die Freiheit, Kopien zu erstellen und weiterzugeben.</li>
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<li>Die Freiheit, ein Programm zu verbessern und die Verbesserungen an die
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Öffentlichkeit weiterzugeben.</li>
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</ul>
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<p>Es ist wichtig, festzustellen, dass jede dieser Aktivitäten kommerziell
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motiviert sein kann. Es gibt in der Tat große internationale Firmen, unter
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anderem IBM, SUN und HP, für die Freie Software ein einträgliches Geschäft
|
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darstellt.[<a name="ref7" href="#7">7</a>]</p>
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<h3>Der Unterschied bei Softwaremodellen</h3>
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<p>Die Grenze zwischen proprietäre und Freier Software liegt also nicht bei der
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Rentabilität. Stark vereinfacht gründet die Frage von Softwaremodellen auf der
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einen Frage: wer kontrolliert die Software, die auf Ihrem Computer läuft?</p>
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<p>Bei proprietärer Software ist dies immer und ausschließlich der Hersteller
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der Software. Der Besitzer des Computers erhält im Allgemeinen einige
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Nutzungsrechte für bestimmte Verwendungszwecke, aber diese können für
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gewöhnlich widerrufen werden. Der Nutzer besitzt oder kontrolliert die Software
|
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niemals im wirklichen Sinn. Bei Freier Software wird die Verantwortung und die
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Kontrolle über seine eigenen Software an den Nutzer übertragen.</p>
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<p>Diese Machtverschiebung von "einer über alle anderen" hin zu "jeder über
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sich selbst" beeinflusst grundlegend, wie Volkswirtschaft, Unternehmen,
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Wissenschaft, Bildungswesen, Politik und die Gesellschaft als ganze
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funktionieren. Eine ausführliche Behandlung dieser Thematik würde den Rahmen
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dieser Abhandlung sprengen, deshalb wird sie den Schwerpunkt auf ausgewählte
|
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Themen wie Staatsführung und Souveränität legen.</p>
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<h3>Eine Frage der Kontrolle</h3>
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<p>Obwohl offensichtlich falsch, ist es eine weit verbreitete Meinung, dass die
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Anwender ihren Computer kontrollieren. In Wirklichkeit kontrolliert eigentlich
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die Software den Computer und nimmt vom Nutzer Anregungen entgegen, wenn sie so
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programmiert wurde. Dies ist ein grundlegender Unterschied, denn er stellt
|
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klar, dass der Anwender nur dann kontrollieren kann, was sein Computer
|
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tatsächlich macht, wenn er die Software kontrolliert.</p>
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<p>Es gibt viele Beispiele für Software, die im Verborgenen und ohne Wissen des
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Nutzers handelt. Ein aktuelles Beispiel ist ein Softwareprogramm, dass mit SONY
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CDs geliefert wird. Es informiert SONY jedes Mal, wenn die CD gespielt wird und
|
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auf welchem Gerät dies geschieht. Das alles geht ohne sichtbare Anzeichen auf
|
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dem Computer vor sich und ohne Informationen für den Anwender oder eine
|
|
Zustimmung desselben. Der Anwender wurde von SONY tatsächlich falsch darüber
|
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informiert, dass dies <b>nicht</b> geschehen würde, bis jemand das Gegenteil
|
|
beweisen konnte.[<a name="ref8" href="#8">8</a>]</p>
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<p>Es gibt ähnliche Berichte von verschiedenen anderen proprietären
|
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Softwareanwendungen, unter anderem auch Arbeitsteilung- und Konferenz-Software,
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die angeblich sicher und stark verschlüsselt war und wahrscheinlich von
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Regierungen für vertrauliche Aktivitäten auf der ganzen Welt genutzt wurde.</p>
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<p>Das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)
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empfiehlt Freie Software, da es keine Möglichkeit gibt, mit Sicherheit zu
|
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sagen, was eine Software macht, wenn man nicht die volle Kontrolle über sie
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hat.[<a name="ref9" href="#9">9</a>] Die deutschen Botschaften auf der ganzen
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Welt sind in der Tat durch Freie Software mit der deutschen Regierung
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vernetzt. Sie verwenden die SINA-Box, die auf GNU/Linux basiert.[<a
|
|
name="ref10" href="#10">10</a>] </p>
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<h3>Fragen der politischen Vollmacht</h3>
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<p>Obwohl in dieser Hinsicht einiges in Bewegung geraten ist, sind Offene
|
|
Standards in der öffentlichen Verwaltung noch eine seltene Ausnahme. In der
|
|
proprietären Welt, die noch immer in vielen Regierungen die Norm darstellt,
|
|
kann im Allgemeinen nur ein Anbieter die Software zur Verfügung stellen, die
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|
dazu in der Lage ist, auf diese Daten und Prozesse zugreifen zu können. Aus
|
|
diesem Grund wird ein Großteil der öffentlichen Verwaltung und staatlichen
|
|
Arbeitsabläufen gewissermaßen von Software kontrolliert, die wiederum von einem
|
|
Anbieter kontrolliert wird, über den die Regierung keinen nennenswerten
|
|
Einfluss ausübt.</p>
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<p>Freie Software ist die einzige Möglichkeit um sicherzustellen, dass
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|
Regierungen tatsächlich ihre eigenen Daten und Arbeitsabläufe inklusive
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kritischer Infrastrukturen kontrollieren. Freie Software vermeidet auch den
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oben genannten "schleichende Vereinnahmung" von Offene Standards: Darin liegt
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kein Profit, da sich jeder Anbieter im Allgemeinen dafür entscheiden kann,
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diese Anwendung zu unterstützen oder zu pflegen.</p>
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<b>Nur Freie Software ist jemals echte Souveräne Software.</b>
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<h4>Freie Software und das WSIS/WGIG/IGF</h4>
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<p>Freie Software und das Internet gehen Hand in Hand. Freie Software
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war entscheidend daran beteiligt, das Internet möglich zu machen und
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Freie Software formt das Internet bis heute und hält es am Leben.
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Gleichzeitig wurde Freie Software und ihre Vertreter von den Prozessen
|
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des WGIG und des IGFs bis heute alles andere als ausgeschlossen.</p>
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<p>Wenn das Internet Governance Forum zu einem wirklich umfassenden Forum wird,
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in dem Themen rund um das Internet diskutiert werden, sollten Vertreter Freier
|
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Software in allen relevanten Foren und alle politischen Ebenen des IGFs
|
|
miteinbezogen werden. Ansonsten besteht die Möglichkeit, dass diejenigen
|
|
Menschen, die das Internet wirklich immer noch weiterentwickeln ihre
|
|
Diskussionen einfach woanders führen.</p>
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|
<hr/>
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<p class="footnote">
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[<a name="1" href="#ref1">1</a>] Einige Menschen sehen eine Verbindung zwischen
|
|
diesen beiden Themen, andere wollen sie getrennt behandelt sehen. Wie später
|
|
ausgeführt, sind die beiden Themen tatsächlich theoretisch nicht miteinander
|
|
verknüpft, aber haben in der Praxis eine Verbindung untereinander. Um dies zu
|
|
verstehen, ist es wichtig, sie zunächst isoliert und individuell zu
|
|
betrachten.</p>
|
|
|
|
<p class="footnote">
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[<a name="2" href="#ref2">2</a>] So erreichte es OpenOffice (<a
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href="http://www.openoffice.org">http://www.openoffice.org</a>), im Allgemeinen
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die meisten Dokumente lesen zu können, die z.B. mit Microsoft Word verfasst
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wurden. Die Samba Software (<a
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href="http://www.samba.org">http://www.samba.org</a>) wurde zum Beispiel auch
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dadurch in der Lage versetzt, große Teile der Microsoft
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Arbeitsplatzgruppen-Server zu ersetzen.
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</p>
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<p class="footnote">
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[<a name="3" href="#ref3">3</a>] <a
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href="http://www.ft.dk/Samling/20051/beslutningsforslag/B103/index.htm">http://www.ft.dk/Samling/20051/beslutningsforslag/B103/index.htm</a></p>
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<p class="footnote">
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[<a name="4" href="#ref4">4</a>] <a
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href="http://ec.europa.eu/idabc/en/document/7728.html">http://ec.europa.eu/idabc/en/document/7728.html</a>
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</p>
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<p class="footnote">
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[<a name="5" href="#ref5">5</a>] <a
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href="/activities/ms-vs-eu/">https://fsfe.org/activities/ms-vs-eu/</a>
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</p>
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<p class="footnote"> [<a name="6" href="#ref6">6</a>] Bitte ziehen Sie für eine
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vollständige und präzise Definition Freier Software in die "<a
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href="/activities/wipo/fser.html">Grundlegende Referenz Freier Software</a>" zu
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Rate, die auch in den <a
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href="http://www.intgovforum.org/contributions_for_1st_IGF.htm">substantiellen
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Beiträgen</a> zum IGF enthalten ist.</p>
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<p class="footnote"> [<a name="7" href="#ref7">7</a>] Eine vollständigere und
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ausführlichere Definition Freier Software und eine Klärung der meisten
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gebräuchlichen Missverständnisse ist verfügbar in dem "<a
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href="/activities/wipo/fser.html">Grundlegende Referenz Freier Software</a>"
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Dokument und auch in den substantiellen Beiträgen zum IGF.</p>
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<p class="footnote"> [<a name="8" href="#ref8">8</a>] <a
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href="http://www.wired.com/news/privacy/0,1848,69601,00.html">http://www.wired.com/news/privacy/0,1848,69601,00.html</a></p>
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<p class="footnote"> [<a name="9" href="#ref9">9</a>] <a
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href="http://www.bsi.bund.de/oss/index.htm">http://www.bsi.bund.de/oss/index.htm</a></p>
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<p class="footnote"> [<a name="10" href="#ref10">10</a>] <a
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href="http://www.bsi.bund.de/fachthem/sina/index.htm">http://www.bsi.bund.de/fachthem/sina/index.htm</a></p>
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</body>
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<translator>Andreas Aubele</translator>
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</html>
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Local Variables: ***
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mode: xml ***
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